Fischereivortrag war ein voller Erfolg
Die Untermaßfelder Teiche – vom Herzog bis zur Gegenwart
Seit 525 Jahren, von 1498 bis 2023, wird an den Teichen nahe Untermaßfeld Fischwirtschaft betrieben. Zu einem Vortrag darüber hatte der Burg- und Heimatverein Untermaßfeld e.V. ins Bürgerhaus eingeladen.
Die Überraschung war perfekt: Drei Tage zuvor hatten die Mitglieder vom Burg- und Heimatverein zusammengesessen und über die geplante Veranstaltung beraten. Sollen wir die Kantine des Bürgerhauses vorbereiten oder in den großen Saal gehen? Wieviele Fischsemmeln sollen wir vorbereiten – 50 oder 70 oder 100? Wenn nur 20 oder 30 Besucher kommen, sieht es im großen Saal ziemlich verloren aus, und das Essen bleibt uns übrig. Die Optimisten entschieden, den Saal vorzubereiten, hatten dort 72 Stühle an die Tische gestellt. Und mussten am Samstagnachmittag weitere Stühle herbeischaffen, bis alle der 120 Besucher Platz gefunden hatten. Die Frauen mussten bis zur Pause weitere Fischsemmeln zubereiten – die dennoch schnell vergriffen waren. Weil etliche Besucher nicht nur für den dortigen Verzehr welche kauften, sondern sich noch etliche einpacken ließen. Solche Leckereien gibt es eben nicht alle Tage.
Ein geglückter Versuch des Burg- und Heimatvereins, sich neben dem Betreiben des Zuchthaus-Museums verstärkt auch Themen aus der eigenen Dorfgeschichte zu widmen. Wenn es ein Gewerbe im Ort gibt, das bereits seit dem Jahr 1498, also seit 525 Jahren nachweisbar ist, dann hat es hier eben einen besonderen Stellenwert in der Geschichte, die bis zum heutigen Tag fortgeschrieben werden konnte. Trotz aller Schwierigkeiten, die es auch hier mitunter gegeben hatte. So ist das große Interesse erklärlich, der sich in dem Besuch der gelungenen Veranstaltung widerspiegelt.
Zunächst blickte Franz Schmidt in die Geschichte dieses für den Ort so traditionsreichen Gewerbes, zeigte in seinem Vortrag auf einer Videoleinwand historische Dokumente, und äußerte die Vermutung, dass es die Fisch- und Teichwirtschaft vielleicht schon länger als diese belegten 525 Jahre hier gibt. Nachweisbar ist jedoch, dass von den Besitzern der Untermaßfelder Teiche noch weitere Teiche im Amt Maßfeld betrieben worden sind. Bei allem Auf und Ab, das es im Laufe der Jahrunderte in diesem Gewerbe gegeben hat, sind auch in späteren Zeiten immer wieder Impulse von Untermaßfeld aus zu anderen Betrieben der Fisch- und Teichwirtschaft in der Region ausgegangen.
Dies bestätigte später Martin Rohner vom Burg- und Heimatverein Untermaßfeld, der selbst etliche Jahre im Fischzuchtbetrieb des Ortes tätig war. Er hatte aus dieser Zeit so einige Episoden zu erzählen. „Ich habe schon als Kind in diesen Teichen gebadet, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt war. Im Winter sind wir dort dann Schlittschuh gelaufen, wenn der Teich zugefroren war. Ich erinnere mich noch, wie Gefangene der JVA mit Spaten und Schaufeln den großen Teich angelegt haben, weil die Fischwirtschaft in den frühen DDR-Jahren weiter ausgebaut werden sollte – zur besseren Versorgung der Bevölkerung, wie es damals hieß. Weiter ausgebaut wurde die Fischwirtschaft dann in den 70er Jahren, nicht nur in Untermaßfeld, sondern in vielen Orten der Region.“
Der Grund war, dass in der Landwirtschaft zur besseren Bewässerung der Felder Teiche angelegt wurden, die dann auch zur Fischzucht genutzt worden sind, so unter anderem in Ritschenhausen, Jüchsen, in Hellingen im Unterland und auch in der Rhön. All diese Teichanlagen wurden von den Untermaßfelder Fischern mit betreut. Zwölf Fachleute waren hier in dem Untermaßfelder Betrieb beschäftigt. Erfreut war Martin Rohner, als er unter den Besuchern etliche seiner ehemaligen Kollegen wieder entdeckt hat. Das jährliche Abfischen sei jedesmal wie ein großes Fest gefeiert worden, erinnerte er sich. Auch verleugnete er nicht, dass es zeitweise erbitterte Kämpfe zwischen der Land- und der Fischwirtschaft gegeben hatte – um jeden Zentimeter Land wurde dabei gerungen, die jeder für sich nutzen wollte.
Solche Kämpfe hatte es auch international gegeben, weil anfangs jeder in den Meeren fischen durfte wo er wollte. Erst 1982 – nach dem sogenannten Kabeljau-Krieg – wurde das durch Verträge geregelt, welches Land wo fischen darf, wusste Torsten Schmidt, der jetzige Betreiber der Untermaßfelder Teiche, zu erzählen. Schon sein Vater hatte hier die Fischwirtschaft betrieben, wodurch Torsten Schmidt schon als Kind in dieses Metier Einblick erhalten hatte. Heute betreiben Vater und Sohn als gemeinsame Geschäftsführer den Betrieb.
Fischzucht als ein Teil der (intensiven) Landwirtschaft – darüber gab es somit Informationen aus erster Hand. Welche Fischart welchen Aufwand erforderlich macht, warum in Untermaßfeld wieder Arten ins Programm aufgenommen wurden, die lange in Vergessenheit geraten waren, welche Vor- und welche Nachteile damit verbunden sind – darüber wusste Torsten Schmidt aufschlussreich zu plaudern. Die strengen Kontrollen der Behörden über die Fischgesundheit bei dieser Intensivwirtschaft waren nur eines der Themen, denen er sich widmete. Mehr noch waren es die Probleme, die nach 1990 vom Übergang der Fischwirtschaft in der DDR zur Martkwirtschaft auf den Betrieb zugekommen sind. Nicht alle Betriebe haben diese Umstellung überlebt. „Wir haben produziert und produziert – und bekamen kaum noch etwas los, weil die bisherigen Absatzmärkte weggebrochen waren. Das Schlimmste ist doch, wenn man viel produziert und es dann nicht losbekommt“, sei die erste Herausforderung nach 1990 gewesen. „Wir waren mit unseren Großanlagen in der DDR, die effektiv und intensiv waren, dem Westen meilenweit voraus. Dort gab es meist nur Kleinanlagen, die viel Handarbeit erforderten. Dennoch haben sie den Markt bestimmt, auf dem sie uns nicht haben wollten.“
Der VEB Binnenfischerei Suhl mit Sitz in Themar hatte sich zunächst in eine GmbH umgewandelt, musste dann jedoch Konkurs anmelden. Der Untermaßfelder Betrieb ist dann in Teilen privatisiert worden. Anfangs habe es auch Konflikte mit der Gemeinde gegeben, doch sein Vater habe es verstanden, diese auszuräumen. Und so sagt Torsten Schmidt: „Wir fühlen uns als Teil der Gemeinde, wollen uns einbringen und jede Konfrontation vermeiden.“ Ein Beweis sei gewesen, dass sie ein Stück ihres erworbenen Landes für einen Radweg zur Verfügung gestellt haben, und das kostenlos. Auch ausgebildet wurde im Untermaßfelder Fischzuchtbetrieb – teils waren die Lehrlinge von hier die Besten ihres Jahrgangs.
Doch auch gegenwärtige Probleme verschweigt Torsten Schmidt nicht – die Kormorane. Sie richten großen Schaden in der Fischwirtschaft an, durch den schon so mancher Betrieb in den Konkurs getrieben worden ist. Seit dem Jahr 2004 gibt es eine (recht strenge) Kormoran-Verordnung, die regelt, unter welchen Bedingungen ein Kormoran abgeschossen werden darf. Was zwar weniger bekannt sein dürfte, doch bei den Fischern wohl die gleichen Gefühle auslöst wie bei den Schäfern die Problematik mit dem Wolf. Das Urteil von Torsten Schmidt über die Kormoran-Verordnung ist unmissverständlich: „Naturschutz, wenn er sich nur auf einige Tiere beschränkt und viele andere Arten zugrunde gehen lässt, ist für mich kein Naturschutz.“ Dabei sei eine sinnvoll betriebene Teichfläche nicht einfach ein Produktionsbetrieb, sondern ökologisch wertvoll und dringend notwendig.
Text und Bilder: Wolfgang Swietek
Bild zur Meldung: Fischereivortrag war ein voller Erfolg
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Fischereivortrag (04.11.2023)
Impressionen vom Vortrag zur Fischereigeschichte in Untermaßfeld am 04.11.2023